Statistiken

Zu vermeidende Stats

 

Es wird hier begründet, inwiefern diese altehrwürdige Statistiken völlig überbewertet sind und daher vermieden werden sollten.

 

Batting Average (AVG oder BA)

Der Batting Average ist die vermutlich bekannteste und meist verwendete Statistik im Baseball, wenn nicht gar im Sport überhaupt. Es stammt aus den Anfangszeiten des Spiels und weist zwei Eigenschaften auf, die zu seiner Popularität beitrugen. Zum einen beantwortet er eine einfache Frage, nämlich wie viele Hits ein Batter im Schnitt pro At Bat erzielt hat. Zum anderen ist er sehr leicht zu berechnen. Bedenken wir, dass Computer oder auch nur Taschenrechner eine vergleichsweise neue technische Entwicklung darstellen, eine kleine Division aber eben auch nur eine Grundrechenart ist. Tatsächlich haben offenbar ganze Generationen von kleinen Fans das Dividieren so gelernt.

 

Bei näherer Betrachtung fallen aber zwei wesentliche Schwachstellen auf:

Zum einen werden nur Hits berücksichtigt, nicht auch Walks (bzw. Hit by Pitch), die ebenfalls einen erfolgreichen Schlagdurchgang darstellen. Bekanntlich geht es beim Baseball um das Gewinnen von Spielen, wozu das Scoren von Runs erforderlich ist. Und dieses wiederum setzt voraus, dass so gut wie möglich Outs vermieden werden, bzw. Batter auf Base gelangen. Beides leistet ein Walk, trägt aber nicht zum Batting Average bei.

 

Ein Beispiel: Batter A kommt 500mal an den Schlag und erzielt 150 Hits sowie 50 Walks. Da Walks nicht als AB zählen, beträgt der Batting Average 150/450 = .333. Batter B kommt 450 mal an den Schlag und erzielt ebenfalls 150 Hits bei null Walks. Auch er hat einen Batting Average von .333.

Es ist aber offensichtlich, dass Batter A wertvoller war, tatsächlich einer ganz anderen Kategorie von Battern angehört. Dies vermag der AVG nicht heraus zu arbeiten.

 

Zum anderen werden alle Hits gleich behandelt. Damit ist nicht gemeint, dass ein kleiner Roller entlang der Foulline ebenso viel wert ist wie ein solider Linedrive. Sondern es ist gemeint, dass Singles genauso viel zählen wie Doubles oder gar Homeruns. Natürlich wissen wir alle, dass letztere deutlich wertvoller sind als Singles.

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RBI

Ähnlich dem AVG sind Runs Batted In (RBI) eine altehrwürdige Statistik. Ein Batter bekommt einen RBI gut geschrieben, wenn durch seinen Schlag oder Walk etc. ein Runner scort. Bis heute gilt eine Saison von 100 RBI für einen Batter als hervorragend. Aber es gibt drastische Probleme mit dieser Statistik.

 

Zunächst handelt es sich offenbar um eine Zählgröße, was für den direkten Vergleich von Battern nicht sehr gut geeignet ist.

Wesentlicher noch sind aber zwei weitere Punkte, die hier besprochen werden sollen.

 

Zum einen handelt es sich nicht um eine kontextneutrale Größe. Das bedeutet, dass es auf die konkrete Situation ankommt. Schlagen zwei Batter einen identischen Basehit, der eine bei leeren Bases, der andere mit Läufern auf Base, so wird nur der zweite mit einem RBI belohnt, der erste geht leer aus bei gleicher Leistung. Das heißt im weiteren, dass diejenigen Batter bessere Chancen auf einen RBI haben, die öfter mit Läufern in Scoring Position an die Platte treten. Dies ist ein Umstand, der vollkommen außerhalb des Einflusses der Batter liegt.

 

Zum anderen sind meist mehrere Spieler am Zustandekommen eines Runs beteiligt. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Bei einem Aus und einem Runner auf dem ersten Base schlägt Batter A einen klaren Single ins Outfield, auf den hin der Runner zum dritten gelangt. Nicht jeder Läufer hätte das geschafft, hervorragendes Baserunning hier. Batter B schlägt einen kleinen Fly Ball, auf den hin der Runner scort. Was haben wir hier? Batter B erhält einen RBI, die anderen werden ignoriert. Dabei kann ohne weiteres gesagt werden, dass die Leistung von Batter A die bessere war, immerhin hat er sowohl ein Aus vermieden, als auch den Runner zwei Bases weiter gebracht. Ohne die Leistung von A und das sehr gute Baserunning des Läufers hätte B sang- und klanglos in ein Aus geschlagen. Und doch wird er belohnt.

 

Während bessere Batter tendenziell tatsächlich eher mehr RBI erzielen als schwächere, ist der Zusammenhang ziemlich schwach, vornehm ausgedrückt: Schlagleistungen und RBI korrelieren nicht sehr gut. Wer mehr darüber wissen möchte, sei verwiesen auf die folgenden beiden Seiten bei Fangraphs und NewenglishD.

Links: http://www.fangraphs.com/library/stats-to-avoid-runs-batted-in-rbi/#more-2288

https://newenglishd.com/2013/07/21/rbi-are-misleading-even-over-entire-careers/

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Pitcher Wins und Losses

Gleich von Anfang an fällt auf, dass es schon von den Bezeichnungen her unsinnig ist, bei einem Mannschaftssport einen Spieler als Sieger bzw. Verlierer zu benennen. Wobei unbestritten der Pitcher eine zentrale Rolle spielt. Zu den Anfangszeiten des Sports war es die Regel, dass ein Pitcher das komplette Spiel durch pitchte, da machte das wenigstens noch etwas Sinn. Heute dagegen, da Complete Games eine weitgehend ausgestorbene Gattung sind, sieht das gänzlich anders aus.

 

Sehen wir uns die Probleme ein wenig genauer an: Bekanntlich geht es darum, Spiele zu gewinnen. Dazu ist es erforderlich, einerseits selbst Runs zu erzielen, andererseits gegnerische Runs zu verhindern. Da Runs nur in der eigenen Offensivhälfte eines Innings geschafft werden können, der Pitcher dagegen jeweils n der Defensivhälfte am Werk ist, ist sein Einfluss auf einen Win schon mal auf maximal 50% des Spiels beschränkt.

 

Aber auch in der Defensivhälfte ist er nicht allein verantwortlich, ohne seine Defensive hinter sich kann er Outs maximal durch Strikeouts erzielen, und auch da ist der Catcher vonnöten.

Dies zeigt, dass der Pitcher abhängig ist von Offensive Support und Defensive Support (Support = Unterstützung).

Dazu kommt noch der Bullpen Support. Denn den Win erhält der Starter nur, wenn nach hinreichend vielen gepitchten Innings das Spiel mit einer Führung verlässt, die dann vom Bullpen niemals abgegeben werden darf. Erhält ein Reliever den Win, wird es vollends absurd, hat er doch einen vergleichsweise geringen Einfluss, gemessen an seiner Einsatzzeit.

 

Sehen wir uns mal ein paar Beispiele an. Das erste ist entnommen dem hervorragendem Buch Baseball Between the Numbers.

 

  • 2005 waren Jeremy Bonderman und Nate Robertson Pitcher der Tigers. Bonderman pitchte 189 Innings in 29 Starts mit einem ERA von 4.57. Robertson pitchte 196.7 Innings in 32 Starts mit einem ERA von 4.48. Die Zahlen sind grob vergleichbar so weit mit einem recht kleinen Vorteil für Robertson. Und hier sind ihre Win-Loss-Records: Bonderman 14-13, Robertson 7-16. Wie ist diese deutliche Diskrepanz zu erklären? Nun, Bonderman erhielt während seiner Einsätze im Schnitt einen Run Support von 5.67 Runs, Robertson dagegen nur 3.66 Runs.
  • Steve Carlton war ein exzellenter Pitcher, was zur Aufnahme in die Hall of Fame führte. Von 1972 bis 1985 pitchte er für die Phillies. Er ließ altersbedingt schließlich nach, aber sehen wir uns sein letztes Jahr bei den Phillies genauer an: Er hatte da nur 16 Starts und ein lausiges Verhältnis von Walks und Strikeouts: 53 Walks bei 48 Strikeouts. Dennoch muss er wohl respektabel gepitcht haben, bei einem ERA von knapp 3.33. Sein ERA+ (näheres dazu kommt später bei den fortgeschrittenen Stats für Pitcher) von 112 (100 bedeutet Durchschnitt, mehr ist besser). Tatsächlich war er hinsichtlich ERA und ERA+ der zweitbeste Pitcher des Teams. Und sein Win-Loss-Record? Weniger gut: 1 – 8. Schwer zu vermitteln, dass Wins und Losses hier Aufschluss über die tatsächliche Leistung geben können.

Die folgenden Beispiele sind fiktiv und sollen den möglichen Wahnsinn illustrieren.

 

  • Der Starter wird nach 4 Innings heraus genommen. Er hat bis dahin nichts abgegeben, und da das Team sehr deutlich führt, soll er geschont werden. Die nächsten 5 Innings werden jedes von einem anderen Pitcher übernommen, jeder gibt 3 Runs ab. Hätte die Offense nicht weiter gepunktet, wäre das Spiel womöglich noch verloren gegangen, so aber hielt die Führung bis zum Ende stand.
    Was haben wir hier: Ein Pitcher war hervorragend, fünf lausig. Und der einzige gute kommt für den Win nicht in Frage, da er keine 5 Innings gepitcht hat. Das ist zugegeben an den Haaren herbei gezogen. Aber allein die Tatsache, dass das möglich ist, spricht schon Bände.
  • Bei Wins für Reliever wird es noch übler. Nehmen wir einen Reliever, der im 6. Inning bei Unentschieden ins Spiel kommt, zwei Aus, aber Läufer auf Base. Er schafft das wichtige 3. Aus. Anschließend scort seine Offense den Winning Run. Keine Frage, der besagte Reliever hat eine schwierige Situation überzeugend gemeistert. Aber zu behaupten, jemand habe das Spiel gewonnen, der gerade mal für ein Drittel Inning im Spiel war, klingt ja wohl schon ziemlich absurd. Im Gegensatz zum vorigen Beispiel kommt dieses durchaus immer mal wieder vor.
  • Folgendes kommt sogar recht häufig vor: Ein Reliever (häufig der Closer) kommt spät ins Spiel, es steht unentschieden oder sein Team führt eventuell auch knapp. Er pitcht schwach, die Gegner gehen in Führung. Anschließend erzielt sein Team dann doch noch den Winning Run.
    Hier haben wir einen Pitcher, der praktisch alles dafür getan hat zu verlieren und der dafür mit dem Win belohnt wird. Solche Wins werden recht bildhaft mit Vulture Wins bezeichnet (vulture = Aasgeier).

 

Bisher wurden nur Probleme mit dem Win präsentiert. Wie wäre es zum Abschluss mit dem Loss?

 

  • Der Starter pitcht 8+ überzeugende Innings, er wird bei einem Runner auf Base und Spielstand 1 – 1 ausgewechselt. Der oder die Reliever können nicht verhindern, dass der besagte Runner den Winning Run scort. Der Loss geht an den Starter, obwohl er allenfalls eine Teilschuld trägt am Winning Run und im übrigen definitiv effektiver war als der oder die Reliever.
  • Noch übler: Im 7. Inning wird der Starter bei einem Runner auf Base und Spielstand 0 – 0 ausgewechselt. Die folgenden Reliever lassen nicht nur den Runner scoren, sondern auch noch insgesamt 5 weitere. Um das Maß voll zu machen: Der Starter bekommt nicht nur den Loss, sondern "sein" Run war auch noch unearned wegen eines Errors. Mit anderen Worten: Die Offensive hat versagt, die Reliever ebenfalls und die Defensive hat zumindest einen entscheidenden Fehler gemacht. Der einzige, der überzeugen konnte, erhält den Loss.

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Saves

Saves wurden eingeführt zu einer Zeit, da es mehr und mehr üblich geworden war, dass die Starter immer weniger Spiele komplettierten. Da Wins bzw. Losses nur in Ausnahmefällen für die Reliever in Frage kamen, sollte eine neue Statistik speziell für diese her. Es hatte bereits eine Auszeichnung für den besten Reliever der Saison gegeben, den Fireman of the Year, also den besten Feuerwehrmann, der am eifrigsten brenzlige Situationen gemeistert hatte.

Die Probleme mit dem Save liegen in erster Linie in der Willkürlichkeit der Regel selbst. Hier sind einige problematische Punkte und Beispiele:

 

Die Schwierigkeit der Save-Situation wird nicht berücksichtigt.

  • Ein Closer erhält einen Save, wenn er mit einem Run Vorsprung im Rücken das komplette letzte Inning pitcht, womöglich gegen die starke Mitte der Lineup, und keinen Run abgibt. Er muss also 3 Aus erzielen, ohne einen einzigen Run abgeben zu dürfen.
  • Dasselbe Ergebnis wird notiert in der identischen Situation, nur gegen die schwächere untere Abteilung der Lineup eines ohnehin eher schlechten Teams.
  • Er erhält auch einen Save in der im Vergleich zum ersten Beispiel ungleich leichteren Situation, wo er bei 2 Aus, einem Runner auf Base und 3 Runs vorn im letzten Inning ins Spiel kommt, selbst wenn er zwei Runs zulässt. Denn der Tying Run war zu dem Zeitpunkt on deck. Und hier hat der Closer nur ein Aus erzielt, dabei 2 Runs zugelassen, von den Zahlen her eher schwach.

 

Der Support wird nicht berücksichtigt.

Wie schon bei den Wins und Losses spielen Run Support und Defensive Support keine Rolle. Dies kommt zwar nur bei Saves über mehr als ein Inning zum Tragen, aber immerhin.

 

Subjektive Komponente

Dies kommt zugegebener Maßen nur im Fall vor, dass der letzte Pitcher die letzten drei Innings "effektiv" pitcht. Aber nirgendwo ist genau fest gelegt, was effektiv bedeutet.

 

Anzahl der Save-Situationen

Hier gilt in etwa das gleiche wie oben bei den RBIs. Saves sind eine Zählgröße. Und ein Closer eines schwächeren Teams erhält weniger Chancen zu einem Save als einer für ein starkes Team.

 

Strategie des Managers

Hier kommt der womöglich schlimmste Kritikpunkt. Einen Save kann nur der letzte Pitcher erhalten. Manager neigen daher dazu, ihre hoch bezahlten Closer nur in Save-Situationen einzusetzen. Das hat zwei gravierende Nachteile:

 

  • Schon des öfteren wurde ein Closer in höchst brenzligen Situationen nicht eingesetzt, weil er für eine Save-Situation aufgespart werden sollte, die dann aber nie kam, weil das Spiel verloren ging.
  • Die tatsächliche Save-Situation kann durchaus im 5. oder 7. Inning vorliegen. Dann nämlich, wenn das Team bei knappem Spielstand in eine äußerst schwierige Situation gerät, und eigentlich der beste Reliever vonnöten wäre.

Das üble hier ist die Tatsache, dass die bloße Existenz der Save-Statistik dazu führt, dass Manager eine für das Team schlechte Entscheidung fällen. Erst in letzter Zeit ist es vor gekommen, dass Manager davon Abstand genommen haben, etwa Terry Francona von den Indians mit dem exzellenten Closer Andrew Miller oder auch Joe Maddon von den Cubs. Beide sind angesehene Veteranen in ihrem Job und können sich dergleichen wohl deshalb auch eher leisten.

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Fielding Average

Für mehr als ein Jahrhundert waren Errors und Fielding Average praktisch die einzigen Möglichkeiten, Defensiv-Leistungen zu messen. Denn Assists, Putouts und Errors war alles, was zahlenmäßig erfasst wurde.

 

Während es ohne Zweifel ratsam ist, Errors nach Möglichkeit zu vermeiden, gibt es doch mindestens drei Probleme hier:

  • Zunächst ist eine subjektive Komponente enthalten, da der offizielle Scorer entscheidet, was ein Error ist und was nicht. Dieses Problem ist zumindest in den Major Leagues nicht allzu groß, da die Scorer in aller regel einen sehr guten Job machen. Dennoch bleibt ein Unbehagen.
  • Wesentlicher allerdings ist die Tatsache, dass Errors nur einen Teil der alltäglichen Missgriffe darstellen. Nicht enthalten sind die Situationen, in denen Fielder schlecht positioniert sind, einen lausigen Start zum Ball haben und also zu spät ankommen. Und die zwar unterhaltsame, aber schon auch peinliche Variante, dass ein Ball genau zwischen mehreren eigentlich bereit stehenden Verteidigern unberührt zu Boden fällt, wird natürlich ebenso wenig erfasst.
  • Schließlich muss ein Fielder, um einen Error zu bekommen, zunächst einmal zum Ball kommen, bevor er ihn dann fallen oder durch die Beine lässt bzw. meilenweit am Ziel vorbei wirft. Mit anderen Worten: Eigentlich machen die besten Fielder häufig die meisten Errors, einfach, weil sie wegen ihrer großen Reichweite zu mehr Bällen kommen.

Erwünscht ist also nicht die Antwort auf die Frage, ob jemand wenige Errors oder eben viele macht, sondern ob jemand ins Spiel gebrachte Bälle zu Aus konvertiert bzw. dazu beiträgt.

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